Unser Handeln wird durch die Sprache aufgebaut und die durch unser Handeln erworbenen Erfahrungen wandeln sich mit der Sprache zu Begrifflichkeiten. Die Verbindung einer Bewegung mit Sprache spiegelt außerdem das psychomotorische Leben und Erleben wider. (Schlick, 2010)
„Sprache (…) steht immer in Verbindung zu emotionalen, kognitiven, sensorischen und motorischen Leistungen." (Broich, 2009). Auch Gabriele Iven konstatiert, Bewegung und Handlung führt zur Sprache.
Demnach sind die Schnittstellen von Physiotherapie und Logopädie vielfältig. Bezugnehmend auf myofunktionelle Störungen und Kieferfehlfunktionen können fehlerhafte Funktionen in der Sensomotorik zu Fehlfunktionen im Körper- und Kieferbereich führen (Broich, 2009). Eine Dysbalance im orofazialen Bereich ergibt sich zum Einen aus Schluckfehlfunktionen aber auch aus Koordinationsproblemen in der Grobmotorik oder aus einem gestörten Lage- und Bewegungsgefühl. Was uns begegnet, ist häufig die offene Mundhaltung und das sogenannte Zungenpressen. Was wir hören sind die unterschiedlichen Fehlbildungen des Lautes "s" (Sigmatismus). Jede fehlerhafte Haltung führt zu einer Erhöhung der Spannung im Halsbereich (Biedermann in Broich, 2009). Dadurch wird die Feineinstellung der Zähne beeinflusst. Diese wiederum stehen mit unserem Becken als Organ zur Grobeinstellung der Wirbelsäule in wechselseitiger Beziehung. Demnach sind orofaziale Dysfunktionen immer im Zusammenhang mit der gesamtkörperlichen Muskelspannung und Haltung zu sehen (Hörstel, 2009). Ein anderer Aspekt ist die Beeinflussung der Atmung sowie des Schluckens. Normalerweise stehen Becken Brustkorb und Kopf genau übereinander. Abweichungen führen zu Verschiebungen und vermehrten Aktivitäten. Die Strukturen sind durch Bänder miteinander verbunden. Die veränderten Bedingungen führen so zu Abweichungen von der physiologischen Atmung (Bertram, 2012). Auch die dadurch entstehenden Vor- und Rückverlagerungen oder Rotationen und ihr Einfluss auf die muskulären Verhältnisse können z.B. bei einer Ventraltranslation des Kopfes oder einem Schulterschiefstandes den Schluckakt negativ beeinflussen. |
Das Einbeziehen der Fähigkeiten der anderen Disziplin kann natürlich auch in schwierigen Situationen helfen. Der Logopäde ist zum Beispiel durch die Unterstützung des Physiotherapeuten in der Lage, einen Patienten in eine für ihn komfortablere Position zu bringen zur Nahrungsaufnahme oder auch für therapeutische Behandlungen. (De Lisa, 2005)
Auch bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten ist die Zusammenarbeit der beiden Disziplinen zielführend. Häufig haben Schlaganfallpatienten Lähmungen einer Körperseite erlitten. Auch hier kommt es zu Verschiebungen im Halteapparat, Schmerzen und Verspannungen welche sich wiederum auf die Sprache, aber auch auf die Ausführung von Handlungen auswirken.
Die komplexen Zusammenhänge und die Verbindung der unterschiedlichsten Funktionen und Strukturen zeigen auch hier, dass die Kopfhaltung einen direkten Einfluss auf die komplexen Vorgänge des Atmens, Schluckens und Sprechens hat. Beeinflusst wird diese wiederum maßgeblich durch die Rumpfaufrichtung. Durch solche Dysbalancen können auch Beeinträchtigungen des Gedächtnisses der Handlungsplanung, des Kategorisierens sowie im Körperbewusstsein auftreten. Häufig sehen wir die Kinder mit einer erhöhten körperlichen Aktivität. Durch die Wechselwirkung von zu schwacher und zu angespannter Muskulatur scheint diese vermehrte Aktivierung zur Erbringung von Leistung notwendig zu sein. |